WerWolf-Übung – eine Distanzierungstechnik

WerWolf-Übung – eine Distanzierungstechnik

WerWolf-Übung – eine Distanzierungstechnik 7033 4960 Kunst-Therapie-Hannover

Die WerWolf-Übung – eine Distanzierungstechnik

Die WerWolf-Übung ist für Situationen geeignet, in denen Sie sich abgrenzen möchten. Sie erfahren in diesem Blog-Artikel, wie Sie mit zwei einfachen Fragewörtern

  • Ihre Gedanken einfacher kontrollieren und
  • bewusst bei sich selbst bleiben können.

Heute ist Halloween, eine gute Gelegenheit Ihnen die WerWolf-Übung zu erläutern. Viele meiner Klienten wünschen sich, sich besser abgrenzen könnten. Sie berichten zum Beispiel, dass sie in Gesprächen den Kummer der Freundin oder den Ärger des Nachbarn so wahrnehmen, als wäre es ihr eigener. Manche nehmen die belastenden Bilder aus Gesprächen mit in ihren Alltag und sehen sie noch lange vor ihrem inneren Auge.

Oder der Stress der Kollegen wird zum eigenen Stress. Das kann sogar so weit gehen, dass körperliche Symptome spürbar werden. Andere Menschen haben Stress und Sie selber reagieren darauf zum Beispiel mit Bauchschmerzen oder einem Druckgefühl im Oberköper. Aus diesem Grund schauen sich manche Menschen auch lieber keine Nachrichten oder spannenden Filme an.

Warum entstehen in uns belastende Gefühle, obwohl wir „eigentlich“ in Sicherheit sind? Und noch wichtiger: Wie können wir uns in solchen Situationen helfen?

Diese Frage stellte sich vor ein paar Wochen in einer kunsttherapeutischen Gruppe, in der eine sehr offener Erfahrungsaustausch möglich ist (ich danke euch!). Was passiert in diesen Situationen, was denken und fühlen wir? Auf diese Gespräche aufbauen, konnte ich die WerWolf-Übung entwickeln. Jetzt steht sie hier im Blog als Schritt-für-Schritt-Anleitung für Sie zum Nachlesen:

Was passiert?

Sie haben bereits erfahren, dass Gefühle durch Gedanken ausgelöst werden (link). Analysieren wir also die oben angesprochenen Gesprächssituationen und betrachten die aufkommenden Gedanken und inneren Bilder. Wie in den Sitzungen üblich, analysiere ich auch hier anhand einer ganz konkreten Situation.

Betrachten wir das Beispiel „Nachrichten“. Wenn ich heute Abend im Fernsehen Nachrichten schaue, habe ich verschiedene Möglichkeiten währenddessen über das Wahrgenommene nachzudenken. Ich könnte den Nachrichten interessiert und gelassen zuhören oder die Informationen über Krieg und Leid könnten mir Bauchschmerzen bereiten.

Ich habe festgestellt, dass dabei ganz entscheidend ist, was meine innere Stimme spricht und welche inneren Bilder in meinem Kopf entstehen. Dieser innere Dialog kann bewusst (hörbar) und unbewusst (unhörbar) ablaufen. Schauen wir uns jetzt gemeinsam drei Varianten an und achten auf den möglichen inneren Dialog:

Variante 1: Ich konzentriere mich auf das „WAS?“

Innerer Dialog – Fragen: „Was passiert?“, „Was sehe ich?“, „Was machen die?“, …

Innerer Dialog – Antworten: Terror, Krieg, Probleme usw.

Ich schaue die Nachrichten und frage mich immer wieder „Was passiert?“, „Was wird berichtet?“ Als Antwort auf diese – auch unbewusst gestellte Frage – nehme ich vor allem den Inhalt der Nachrichten wahr. Mit der Frage „was?“ fokussiere ich mich also gedanklich auf die Inhalte und lasse sie zu meinen inneren Bildern und zu meiner inneren Stimme werden. Besonders bei spannenden Themen vergesse ich alles um mich herum. Meine innere Stimme spricht die belastenden Inhalte nach und ich habe belastende Bilder im Kopf. Besonders die (unbewusste) Frage „Was wäre, wenn das mir passieren würde?“ verstärkt die emotionale Identifikation. Als Folge bekomme ich leichte Bauchschmerzen und schalte um – oder aus.

Variante 2: Ich konzentriere mich auf das „WER?“

Innerer Dialog – Fragen: „Wer spricht?“, „Wer berichtet?“, …

Innerer Dialog – Antworten: Der Nachrichtensprecher, der andere, die anderen

Ich schaue die Nachrichten und frage mich immer wieder „Wer spricht“ oder „Wer berichtet?“. Als Antwort auf diese – auch unbewusst gestellte Frage – sehe ich den Nachrichtensprecher sprechen. Ich höre den Nachrichtensprecher sprechen. Der Nachrichtensprecher und der Fernseher in meinem Wohnzimmer werden zu inneren Bildern. Die innere Stimme redet über den Nachrichtensprecher. Ich bin gelassen und interessiert.

Variante 3: Ich konzentriere mich auf das „WO?“

Innerer Dialog – Fragen: „Wo bin ich?“, „Wo steht der Fernseher?“

Innerer Dialog – Antworten: Im Wohnzimmer

Ich schaue die Nachrichten und frage mich immer wieder „Wo bin ich?“. Als Antwort darauf wird mir bewusst, dass ich im Wohnzimmer sitze. Meine innere Stimme und meine inneren Bilder haben das Wohnzimmer als Thema. Ich bin gelassen und interessiert.

Obwohl ich die gleichen Nachrichten schaue, spüre ich bei Version 1 belastende Gefühle (hier: leichte Bauchschmerzen) und bei der Variante 2 und 3 bin ich gelassen. Es spielt also eine wichtige Rolle, wie ich mit mir selber spreche [1].  In Folge dessen kann mein inneres Bild „Krieg“, „Wohnzimmer“ oder „Nachrichtensprecher“ sein und beeinflussen meine Emotionen.

Merke: „Denken“ = innerer Dialog, innere Stimme, innere Bilder

Nutzen Sie die WerWolf-Übung (Distanzierungstechnik)

Der Werwolf ist in der Mythologie ein Mensch, der sich in einen Wolf verwandeln kann. Verwandeln Sie sich nicht in die Probleme der anderen und fragen Sie sich in kritischen Situationen ganz bewusst „WER spricht?“ und „WO bin ich?“.  So lenken Sie Ihren Fokus weg vom Inhalt und hin auf die Gegenwart. Zwei einfache Fragewörter leiten Ihren inneren Dialog: „Wer“ und „Wo“ = „WerWolf“-Übung.

Merke:
Innerer Dialog mit den Fragewörtern „Wer“ und „Wo“ (Werwolf) erleichtert die Distanzierung von äußeren Einflüssen.

Haben Sie Geduld

Das Prinzip der WerWolf-Übung ist sehr einfach, man stellt sich immer wieder zwei Fragen: „Wer?“ und „Wo?“. Die Durchführung benötigt allerdings etwas Übung. Viele Menschen sind gewohnt auf äußere Reize (hier: Nachrichten, Gespräche) unbewusst zu reagieren. Falls diese Achtsamkeitsübung also nicht sofort funktioniert, testen Sie bitte weiter. Mit ein bisschen Übung können Sie so auf einfache Weise die Kontrolle über Ihre Gedanken und inneren Bilder übernehmen.

Wie wirkt diese Übung?

Gedanken, also innere Stimme und innere Bilder, lösen Gefühle aus. Unabhängig von der äußeren Situation bestimmen meine Gedanken, wie ich mich fühle.

Merke: Gedanken und innere Bilder lösen Gefühle aus.

Im oben genannten Beispiel sitze ich im (sicheren) Wohnzimmer und fühle mich wohl oder unwohl, je nachdem, welche inneren Bilder ich generiere. Mit den Fragen nach dem „Wer“ und „Wo“ richte ich meine Aufmerksamkeit in die Gegenwart, das sichere Wohnzimmer. Also einfach gesagt: Raus aus dem Kopfkino, rein in die Gegenwart!

Wie ich mir selber helfen kann

Es ist möglich, seine Gefühle bewusst zu steuern. Wenn ich mich „neutral – gut“ fühlen möchte, von außen jedoch mit negativen Informationen überschüttet werde, dann achte ich darauf, dass meine innere Stimme und meine inneren Bilder „neutral – gut“ sind.

Das gelingt sehr einfach mit den Fragewörtern „Wer?“ und „Wo?“. Ich vermeide im inneren Dialog mit mir Fragen nach den Inhalten. So werde ich nicht in die äußeren Geschichten reingezogen. Ich werde nicht zum „Werwolf“ ;-).

„Wer spricht?“ „Wo bin ich?“ Ihr Merker fürs Handy oder die Pinterest-Pinnwand

Beispiel Selbsterfahrungs-Gruppe: Wenn jemand von einem belastenden Ereignis spricht oder wenn wir kunsttherapeutische Bilder betrachten, dann sind Resonanzen und Übertragungen von belastenden Gefühlen sehr wahrscheinlich. Ich kann dann mit dem Stichwort „Werwolf“ an diese Distanzierungs-Übung erinnern. Die Gespräche können weitergeführt werden und jeder Einzelne kann im inneren Dialog für sich sorgen. Zum Beispiel mit „Wer spricht?“ und „Wo bin ich?“

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Ausprobieren. Falls Sie über Ihre Erfahrungen mit der WerWolf-Übung berichten möchten, nutzen Sie bitte das Kommentarfeld. In meiner Praxis im Gesundheitszentrum Garbsen (Region Hannover) können Sie diese und andere Selbsthilfe-Übungen im persönlichen Kontakt mit mir erlernen (Kontaktformular).

Genug gelesen! Gleich ausprobieren!

Herzliche Grüße aus Garbsen

Claudia Berger

Übrigens: Die WerWolf-Übung eignet sich auch gut im Kino – falls Sie mal nicht im Leid oder Horror des Films zerfließen möchten.

Kolleg_innen sind herzlich eingeladen, diese Übung ihren Klienten zu vermitteln. Ich freue mich über Rückmeldungen und einen Erfahrungsaustausch. Bitte die Quellenangabe nicht vergessen: Berger, C. (2017) Die WerWolf-Übung, www.kunst-therapie-hannover.de/blog


[1]wie ich mit mir spreche“ = Können Sie auch anders formulieren: Welchen inneren Dialog ich führe. Welche meiner Gedanken ich annehme und welche ich gehen lasse. Dazu können Sie weitere Blog-Artikel lesen, zum Beispiel über den X-Prozess.


OFFEN . ANDERS . GUT – Wie Sie persönliche Veränderungen erreichen

Theorie und Wissen alleine bewirken keine Verhaltensänderung. Also auch nicht das Lesen von Blog-Artikeln. Wenn Sie etwas „verstehen“ oder „einsehen“, wird sich nicht viel in Ihrem Alltag verändern. Allerdings motivieren uns Wissen und Erkenntnisse, Veränderungen in Angriff zu nehmen! Wenn Sie sich von Ihrer persönlichen Situation „ein Bild machen wollen“ und die damit verknüpften (negativen) Gedanken und Gefühle bearbeiten möchten, dann sind Sie bei mir richtig.

In der Region Hannover gibt es viele freie Anbieter zu Coaching, Beratung und Psychotherapie. Was mich auszeichnet? Mit mir sprechen Sie nicht über Probleme, mit mir finden Sie Lösungen – auf Wegen, die Sie bisher noch nicht gegangen sind. OFFEN . ANDERS . GUT

Dr. rer. nat. Claudia Berger, Heilpraktikerin für Psychotherapie – Psychotherapie, Psychosoziale Beratung, Psychologische Beratung und Kunsttherapie in Garbsen (Region Hannover), Praxis und Atelier im Gesundheitszentrum Garbsen, Kontaktformular